Mit einem Schüleraustausch begann ...

die Reise in die jüngste deutsche Geschichte

zu Gedenkstätten und authentischen Orten der deutschen Teilung in Berlin.

Niederländische und deutsche SchülerInnen eines Austauschprogramms am Immanuel-Kant-Gymnasium in Leipzig besuchten im März gemeinsam den Mauerpark und das ehemalige Stasigefängnis in Hohenschönhausen. 

Dann ging es auf Spurensuche in Leipzig

... auf dem Weg zur Friedlichen Revolution

... besuchten wir zuerst die gleichnamige Sonderausstellung im Museum in der "Runden Ecke" und gingen am Ring entlang zum historischen Ausgangspunkt der Friedlichen Revolution - der Nikolaikirche.
Am Nachmittag stand der Besuch des Hauses der Demokratie auf dem Programm. Es ist das letzte seiner Art, das seit der "In-Besitz-Nahme" im Herbst 89 durch Vertreter der "Runden Tische" bis heute ein Zentrum bürgerschaftlichen Engagements geblieben ist und über 40 Vereine beherbergt - unter anderem auch das Archiv der Bürgerbewegung Leipzigs.

Hier begegneten die SchülerInnen dann auch drei Zeitzeugen aus dem Projekt "Wir bleiben hier" und damit begann das spannendste Kapitel. Denn die Begegnung war nur der Auftakt zur eigenen Zeitzeugenbefragung der SchülerInnen der 10. Klasse des gesellschaftswissenschaftlichen Profils am Kant-Gymnasium.

Geschichte(n) ganz nah

Im neuen gesellschaftswissenschaftlichen Profil am Kant Gymnasium setzten sich 23 Schüler und Schülerinnen des Jahrgangs 10 im Frühjahr 2013 in einem Projekt mit der friedlichen Revolution und dem Geschehen in Leipzig '89 auseinander.

„Im Anschluss an eine gemeinsame Exkursion mit niederländischen Austauschschülern entlang der ehemaligen Berliner Mauer und dem Besuch des Stasigefängnisses in Hohenschönhausen, trafen wir uns Anfang März in Leipzig im Haus der Demokratie mit Zeitzeugen der Friedlichen Revolution aus dem Projekt Wir bleiben hier.“ Justus Hohlweg

"Nach spannenden Gesprächen mit den Zeitzeugen Margit Mehnert, Karl Pataki und Rolf Sondershaus bereiteten wir im Unterricht Fragen für eigene Interviews mit ehemaligen DDR-Bürgern aus unserem eigenen Umfeld vor." Antonia Winkler

Im Kern ging es darum, wie der persönliche Lebensalltag Ende der achtziger Jahre in der DDR aussah, wie die Befragten den Herbst 1989 erlebt und für sich im Alltag und in den Monaten, die zur friedlichen Revolution führten, Handlungsspielräume gesehen oder gesucht haben...
Woraus erwächst selbstbestimmtes Handeln und Zivilcourage? Was wirkt ihnen entgegen? ...sind entscheidende Fragen damals wie heute...

Ausschnitte aus den Zeitzeugengesprächen

Ausschnitt Zeitzeugeninterview von Antonia C. Winkler und Antonia Kleinschmidt

Und was Was hast Du genau am Morgen des 9. Oktobers gemacht? 

An dem Tag, an diesem Montag, ist uns von unserem Hauptabteilungsleiter verboten worden in die Innenstadt zu gehen(...) und (er) hat uns ab Mittag freigestellt. „Holt eure Kinder und geht nach Hause und geht nicht auf die Straßen, denn heute passiert irgendwas.“ Das wusste er, er war Hauptabteilungsleiter und war auch parteimäßig oben mit angegliedert. Staatssicherheit und so was, was meine Frau und ich überhaupt nicht waren. Wir waren weder in der Partei, noch irgendwie angegliedert. Wir waren ganz normale Mitarbeiter der Universität. Wir sollten nur nicht auf die Straße gehen und das haben wir auch nicht gemacht. Wir haben uns vor den Fernseher gesetzt und gewartet, was passiert. Irgendwas musste ja passieren. Wir sind ja mittags essen gegangen und unsere Hauptabteilung war in der Otto-Straße. Wir sind immer rüber zum Mittagessen in die Uni gegangen, also dort ins Hauptgebäude. Das war im Erdgeschoss. Und da habe ich gesehen, dass die Polizei aufgerückt worden ist, mit Stiefelhosen, Gummiknüppel und Helmen und Schlagstöcken. Und dann knallten die immer mit ihren Knüppel gegen ihre Schilder. Und dann haben sie gebrüllt: „Heute gibt’s Kopfsalat.“ Das hab ich selbst gehört.  Da hab ich gedacht, das kann doch wohl nicht wahr sein. Dann sind wir essen gegangen, sind wir zurückgegangen. Und dann war bei der Ritterstraße, das ist die ehemalige Meldestation, und da stand ein Tor offen. Und da konnten wir nie hinein gucken, das war ja immer zu. Und da standen LKWs drin. Und die hatten so große Gitter vorne dran und da waren auch Wasserwerfer drin. Drei Stück. Und da hab ich gesagt: „Oh, da passiert irgendwas!“